Berufe vorgestellt: Wirtschaftsprüfer

Simone Rau hat Frau Ilona Ruschel über ihren persönlichen Fortbildungsweg zur Wirtschaftsprüferin befragt.

Frau Ruschel Sie waren bereits einige Jahre Steuerberaterin, bevor Sie Wirtschaftsprüferin wurden. Weshalb haben Sie sich noch der Prüfung zum WP gestellt?

Bereits auf ein bestandenes Steuerberaterexamen kann man sehr stolz sein. Bietet es doch die Grundlage für die Ausübung eines tollen Jobs. Warum sollte man weitermachen und sich nochmal einer noch schwierigeren Prüfung stellen? Manchmal braucht man eben einen Kick und eine neue Herausforderung. In der Vorbereitung auf die Prüfung wurde uns gesagt, „ihr bereitet Euch auf einen Eliteberuf vor.“ Das mag stimmen, wenn man sich die Zahl der Zulassungen ansieht. In Deutschland gibt es derzeitig 14.390 Wirtschaftsprüfer, Stand 2014. Der Hauptgrund war allerdings, dass sich zwischenzeitlich die 1990 gegründete Kanzlei so gut entwickelt hatte, dass man insbesondere für wachsende Mandate oder Mandate, die aus bestimmten Bereichen stammen, wie z.B. gemeinnützige Einrichtungen oder Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts, fremde Prüfer hätte beauftragen müssen. Deshalb ging ich 1997 den ersten Schritt zum vereidigten Buchprüfer, dem kleinen WP, und 2008 die Prüfung zum WP.

Was muss man tun, um WP zu werden?

Es gibt verschiedene Wege zum Wirtschaftsprüfer. Hier nur die Wichtigsten. Die härteste ist der  sogenannte Voll-WP. Hier muß sich der Prüfling 7 Klausuren stellen, 2 im Bereich Prüfungswesen, 2 in der Betriebswirtschaft, 2 in der Steuerlehre und 1 auf dem Gebiet des Rechts. 2 Klausuren werden erlassen, wenn man bereits Steuerberater ist, eine für den Rechtsanwalt. Die Möglichkeit über den vereidigten Buchprüfer zwei Klausuren erlassen zu bekommen wurde 2008 geschlossen. Wichtig ist darüber hinaus, dass man nachweisen kann, dass man mehr als 2 Jahre bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen bei einem WP praktisch mitgewirkt hat. Da man nach dieser Anforderungen häufig das 30. Lebensjahr weit überschritten hat, hat sich der Gesetzgeber entschieden, einen verkürzten Zugang unter Berücksichtigung bestimmter Masterstudiengänge zu ermöglichen, um den Beruf wieder attraktiver werden zu lassen.

WP_Ilona_Ruschel - Kopie

 

Was unterscheidet den Wirtschaftsprüfer vom Steuerberater?

Natürlich darf der WP auch steuerlich beraten, hier gibt es keinen Unterschied, außer, dass einige Wirtschaftsprüfer aufgrund ihrer Spezialisierung das ohnehin schwierige Steuerrecht kaum noch beherrschen. Der WP hat laut § 2 WPO eine Vorbehaltsaufgabe, er darf betriebswirtschaftliche Prüfungen insbesondere die von Jahresabschlüssen mittelgroßer und großer Kapitalgesellschaften durchführen, Bestätigungsvermerke erteilen und dabei ein Siegel führen. Es ist einer der 3 siegelführenden Berufe in Deutschland, neben dem Notar und der Geistlichkeit. Damit steigt aber auch die Verantwortung. Bei Prüfungen gibt es keine Verlagerung auf andere Beteiligte oder den Ersteller der Jahresabschlüsse, d.h. das Unternehmen selbst. Hier hat der WP eigenverantwortlich zu entscheiden, ob, wie und in welchem Umfang geprüft wird und kann sich nicht exkulpieren. Bei einer falschen Entscheidung kann er deshalb auch einerseits zum Totengräber werden oder er wird selbst für Fehleinschätzungen vom Auftraggeber oder auch von Dritten zur Verantwortung gezogen. Eine Haftpflichtversicherung gehört deshalb zum Job. Ohne diese wird sogar die Bestellung zum WP entzogen, was leider einer der häufigsten Gründe einer solchen ist.

Sie lehren auch als Lehrbeauftragter an der IUBH Fachhochschule das Fach Wirtschaftsprüfung. Was geben Sie jungen Leuten mit auf dem Weg? 

Es ist ein schöner Job, aber kein leichter. Heute ist es sogar möglich, als Steuerberater leichter sein Geld zu verdienen als der WP,  insbesondere wenn man sich spezialisiert hat. Trotzdem hat gerade dieser Beruf seinen Reiz. Neben prüferischen Aufgaben wird man derzeitig häufig mit Gutachten betraut und berät Unternehmen bei Nachfolgeregelung oder Neustrukturierungen. Wer Spaß und Lust hat, sich der Verantwortung zu stellen, ständig am Ball bleiben möchte, gern im Team arbeitet und Dingen auf den Grund geht und nicht zuletzt auch einer Tätigkeit im Ausland positiv gegenüber steht, für den ist dieser Beruf geeignet.

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