Der Mindestlohn kommt – Was müssen Sie beachten?

ra_kassel(ein Beitrag von Frau Rechtsanwältin Katja Kassel, Fachanwältin für Arbeitsrecht)

Ab 1. Januar 2015 sollen alle Arbeitnehmer in nahezu sämtlichen Branchen einen Mindestlohn von 8,50 € brutto pro Zeitstunde erhalten. Dies gilt auch während einer vereinbarten Probezeit.

Von dieser Regelung gibt es nur wenige Ausnahmen:

  • Langzeitarbeitslosen muss der Mindestlohn erst nach einem halben Jahr gezahlt werden.
  • Jugendliche unter 18 Jahren sind von der Regelung zum Mindestlohn ebenso ausgenommen wie Pflichtpraktikanten und freiwillige Praktikanten von bis zu 3 Monaten während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums.
  • Die kurzfristige Beschäftigung, in der z.B. Saisonarbeiter von der Sozialversicherungspflicht befreit sind, wurde – befristet auf vier Jahre – von 50 auf 70 Tage ausgeweitet.

In einigen Branchen, die bereits Tarifverträge haben, gibt es Übergangsvorschriften bis 2017. Hier wird der Mindestlohn stufenweise eingeführt (z.B. § 3 des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestentgelte im Friseurhandwerk). Bis zum 31.12.2017 gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages dem Mindestlohn vor, wenn sie allgemeinverbindlich sind. Entsprechendes gilt für Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage von § 11 AEntG sowie des § 3 AÜG erlassen sind. Ab dem 1.1.2017 müssen abweichende Regelungen ein Entgelt von brutto 8,50 € je Zeitstunde vorsehen.

Den Mindestlohn kann jeder Arbeitnehmer verlangen. Der Arbeitgeber schuldet den Mindestlohn auch während eines Probearbeitsverhältnisses. Von Probearbeitsverhältnissen wird jedoch das sogenannte Einfühlungarbeitsverhältnisunterschieden. Auf letzteres finden die Mindestlohnbestimmungen keine Anwendung.

Auch geringfügig entlohnte (450 €) und kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmer haben Anspruch auf den Mindestlohn. Im Gegenzug hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der kurzfristigen, versicherungsfreien Beschäftigung in § 115 SGB IV – Stichwort: „Erntehelfer“ befristet bis zum 31.12.2018 von 2 auf 3 Monate ausgedehnt. Vom 1.1.2015 bis einschließlich 31.12.2018 gilt § 8 I Nr. 2 SGB IV mit der Maßgabe, dass die Beschäftigung innerhalb eines Kalendermonats auf längstens 3 Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 € im Monat übersteigt.

Das Mindestlohngesetz setzt den Mindestarbeitslohn als reinen Zeitlohn fest. Für die Vereinbarung von leistungsbezogener Vergütung gilt: Das leistungsbezogene Vergütungssystem muss sicherstellen, dass der Arbeitnehmer mindestens Anspruch auf einen Grundlohn von brutto 8,50 € pro Zeitstunde hat. Darüber hinaus können variable Lohnbestandteile vereinbart werden. Grundsätzlich bleibt aber auch nach Einführung des Mindestlohns die Vereinbarung von Stücklöhnen und Akkordlöhnen zulässig, wenn gewährleistet wird, dass der Mindestlohn von 8,50 € brutto pro Stunde für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird. Der Mindestlohn lässt sich also nicht durch leistungsbezogene Vergütung umgehen.

Vom Arbeitgeber gezahlte Zulagen/Zuschläge müssen nach Auffassung des EuGH als Bestandteil des Mindestlohns anerkannt werden, wenn sie ihrem Zweck nach die „normale“ Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vergüten sollen. Demgegenüber sind die Zulagen/Zuschläge nicht Bestandteil des Mindestlohns, wenn der Arbeitnehmer sie als Ausgleich für „besondere“ Leistungen erhält. Dies gilt etwa für Zuschläge, die voraussetzen, dass der Arbeitnehmer

  • zu besonderen (Tages-)Zeiten arbeitet, z.B. Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtzuschläge, (Wechsel-)Schichtzulagen, Überstundenzuschläge,
  • Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen
  • mehr Arbeit pro Zeiteinheit leistet (Akkordprämien) und eine besondere Qualität der Arbeit erbringt (Qualitätsprämien)
  • oder eigenes Werkzeug einsetzt (Werkzeuggeld).

Das Mindestlohngesetz regelt nunmehr auch die Fälligkeit des Mindestlohns ausdrücklich. Der Arbeitgeber muss den Mindestlohn danach spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, zahlen. Eine verspätete Zahlung wird mit Bußgeld geahndet.

Nach § 1a BetrAVG kann der Abreitnehmer von seinem Arbeitgeber verlangen, dass von seinem künftigen Entgeltansprüchen bis maximal 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersvorsorge verwendet werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist eine Entgeltumwandlung nach dem Betriebsrentengesetz auch nach Einführung des MiLoG nach wie vor möglich.

Neu ist, dass die Einhaltung der Mindestlohnbestimmungen nunmehr durch die Zollverwaltung geprüft wird. Diese hat ein Einsichtsrecht in die Arbeitsverträge und Geschäftsunterlagen, welche bei einer Kontrolle durch den Arbeitgeber vorgelegt werden müssen. Auch wird die Einhaltung geltender Mindestlöhne nunmehr regelmäßiger Bestandteil der Betriebsprüfung der Rentenversicherungsträger nach § 28p SGB IV sein. Verstöße gegen das MiLoG sind nicht nur bußgeldbewehrt, sondern nach § 266 StGB u.U. auch strafrechtlich relevant. Nach § 21 MiLoG können Verstöße gegen das Mindestlohngesetz mit Geldbußen bis zu 500.000 € geahndet werden.

Das MiLoG enthält weitreichende Melde-, Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten, mit denen sich der Arbeitgeber rechtzeitig zum 1.1.2015 vertraut machen muss.

Frau Rechtsanwältin Kassel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht der Kanzlei „Kassel & Weber Rechtsanwälte“, Goethestraße 21, 99096 Erfurt, Tel: 0361/3406653. Sie ist u.a. spezialisiert auf Arbeitsrecht und berät Sie gern über die Neuerungen des MiLoG sowie zur Neugestaltung Ihrer Arbeitsverträge. Weitere Informationen erhalten Sie auch im Internet unter www.kassel-weber.de.  

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